Es ist nichts Neues, wir wissen um den Effekt von Lebensmitteln auf unsere Gesundheit, unsere Hirnzellen, unsere Fruchtbarkeit und sogar unsere Stimmung. Wertungslos starre ich auf die Kinder, die auf dem Spielgerät laut und polternd toben. Sie sind impulsiv, wild und erfreuen sich der Zwecklosigkeit des Spiels. Ausgelassen und energisch schreien sie sich Spielregeln zu und rennen um das Gerät, als würden sie die Zeit bezwingen können. Neben mir gluckste eine Frau verächtlich: „Na, der Johann von der Katrin ist aber aufgedreht. Der hat doch dieses ADHS oder so.“ Die Frau daneben presst ihre Augen zu Schlitzen. „Vielleicht ist der auch auf Zucker und ist deswegen so wild!“ Ungläubig starrte die andere zurück. „Meinst du?“

Bestimmt hat jeder schon einmal von den Auswirkungen von Zucker auf den Organismus gehört oder gelesen. Dabei rede ich hier nicht von Fruchtzucker in Obst und Gemüse oder eben natürlich vorkommenden Zuckern in Lebensmitteln, sondern Industriezucker, der unter vielen Namen bekannt ist.:
- Zucker
- Saccharose
- Rohrzucker
- Rübenzucker
- Kristallzucker
- Feinzucker
- Puderzucker
- Invertzucker
- Glukosesirup
- Fruktosesirup
- Dextrose
- Maltodextrin
- Brauner Zucker
- Muscovado
- Demerara-Zucker
- Kokosblütenzucker
- Agavendicksaft
- Ahornsirup
- Melasse
- Zuckerrübensirup
- Maiszucker
- Glukose-Fruktose-Sirup
- Laktose
Erythrit ist ein Zuckeralkohol, der zwar süß schmeckt, aber im Gegensatz zu herkömmlichem Industriezucker (Saccharose) kaum Kalorien liefert und den Blutzuckerspiegel nicht signifikant erhöht. Aus diesem Grund wird Erythrit häufig als “Zuckerersatz” in Lebensmitteln verwendet, insbesondere in zuckerfreien und kalorienreduzierten Produkten wie Diätgetränken, Kaugummis, Süßigkeiten und Backwaren.
Erythrit wird durch Fermentation von Glukose hergestellt und kommt auch in einigen Früchten und fermentierten Lebensmitteln wie Wein und Käse vor. Obwohl Erythrit ein synthetisch hergestelltes Produkt ist, gilt es in vielen Ländern als sicher und zugelassen für den Verzehr. Es wird jedoch empfohlen, den Konsum von Erythrit in Maßen zu halten, da in hohen Dosen Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen und Durchfall auftreten können.

Jetzt würde an dieser Stelle jeder behaupten, dass er gar nicht so viel nascht oder generell eher Süßes meidet. Das ist auch gut so, allerdings sind in vielen fertigen Lebensmitteln Zuckerarten verarbeitet, die zu einem deutlich gesteigertem Zuckerkonsum führen, ohne, dass man es will oder sogar weiß.
Industriezucker kann in einer Vielzahl von Lebensmitteln verarbeitet werden, sowohl in verarbeiteten als auch in naturbelassenen Produkten. Hier sind einige Beispiele für Lebensmittel, die häufig Industriezucker enthalten:

- Süßigkeiten wie Schokolade, Gummibärchen, Bonbons und Kaugummi, Eiscreme
- Backwaren wie Kuchen, Kekse, Donuts und Brot, Brötchen
- Frühstücksflocken, Müsli und Joghurt
- Softdrinks, Fruchtsäfte und Energy-Drinks, Chai Latte
- Fertigsaucen, Dressings und Marinaden
- Konserven
- Instant-Nudeln und allgemein Fertiggerichte
- Gewürze, Brühe
- Kaffee- und Kakaogetränke
- Wurst- und Käsewaren
- Tiefkühl-Essen
- Babygesicht, Babykekse und sogar vereinzelt Kinderprodukte

Es ist wichtig zu beachten, dass Zucker in verschiedenen Formen und unter verschiedenen Namen auf Lebensmittelverpackungen aufgeführt werden kann. Daher sollten Sie die Zutatenliste auf Lebensmittelverpackungen sorgfältig lesen, um sicherzustellen, dass Sie wissen, welche Arten von Zucker enthalten sind.

Folgen und Auswirkungen von Zucker

- Gewichtszunahme: Industriezucker enthält viele Kalorien und hat keinen Nährwert. Wenn er in großen Mengen konsumiert wird, kann dies zu einer übermäßigen Kalorienaufnahme und letztendlich zu Gewichtszunahme führen. Zucker ist mitunter das einzige Lebensmittel, das keine Vitamine, keine Mineralstoffe oder andere Benefits enthält.
- Erhöhtes Risiko für Diabetes: Ein hoher Konsum von Industriezucker kann den Blutzuckerspiegel erhöhen und das Risiko für Diabetes erhöhen.
- Karies: Industriezucker kann Karies verursachen, da er die Bakterien im Mund nährt, die Karies verursachen.
- Entzündung: Ein hoher Verzehr von Industriezucker kann zu chronischen Entzündungen im Körper führen, die mit verschiedenen Krankheiten wie Diabetes, Herzkrankheiten und Krebs in Verbindung gebracht werden.
- Hormonelle Störungen: Ein hoher Verzehr von Industriezucker kann zu hormonellen Störungen führen, die die Insulinsensitivität und die Hormonproduktion beeinträchtigen können.
Macht Zucker süchtig und führt es zu impulsiven Verhalten?

Es ist kein neues Experiment: Im Jahr 2018 war ich für 3 Monate zuckerfrei. Danach ließ ich wieder etwas zu, bis ich 5 Jahre später sogar wieder Zucker im Schrank zum Kochen stehen hatte und Zucker in den schwarzen Tee schüttete.
Es tauchten bei mir ein paar Fragen auf: Macht Zucker süchtig und wird unsere Aktivität dadurch impulsiver oder gesteigerter?
Mehrere Studien legen nahe, dass Zucker bei einigen Menschen ein Suchtverhalten auslösen kann. Allerdings ist die Forschung auf diesem Gebiet noch relativ neu und weitere Studien sind notwendig, um die genauen Mechanismen und Auswirkungen von Zuckerabhängigkeit besser zu verstehen.
Zuckerabhängigkeit äußert sich auf ähnliche Weise wie andere Suchterkrankungen:
- Verlangen: Ein unkontrollierbares Verlangen nach zuckerhaltigen Lebensmitteln oder Getränken, das sich auch dann bemerkbar macht, wenn der Betroffene eigentlich keinen Hunger hat.
- Entzugserscheinungen: Wenn der Konsum von zuckerhaltigen Lebensmitteln und Getränken reduziert wird oder aufhört, können Entzugserscheinungen wie Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Depressionen auftreten.
- Toleranzentwicklung: Ein erhöhter Verbrauch von zuckerhaltigen Lebensmitteln und Getränken, um den gewünschten Effekt (z.B. Euphorie oder Energie) zu erzielen.
- Verlust der Kontrolle: Schwierigkeiten beim Einhalten von Grenzen oder Regeln, die sich der Betroffene selbst gesetzt hat, und das Gefühl, die Kontrolle über den eigenen Konsum von zuckerhaltigen Lebensmitteln und Getränken zu verlieren.
- Negative Auswirkungen: Gesundheitliche, soziale oder finanzielle Probleme aufgrund des übermäßigen Konsums von zuckerhaltigen Lebensmitteln und Getränken.
Es gibt einige Studien, die untersucht haben, ob der Konsum von Industriezucker das Verhalten und die kognitive Leistung beeinflussen kann. Einige dieser Studien deuten darauf hin, dass ein erhöhter Verzehr von zuckerhaltigen Lebensmitteln zu einer kurzfristigen Verbesserung der Stimmung und des Energieniveaus führen kann. Allerdings kann ein hoher Konsum von Industriezucker auch negative Auswirkungen auf das Verhalten und die kognitive Leistung haben.
Eine Studie, die 2018 veröffentlicht wurde, ergab beispielsweise, dass der Verzehr von zuckerhaltigen Getränken bei Kindern und Jugendlichen mit einem erhöhten Risiko für impulsives Verhalten und Aufmerksamkeitsprobleme verbunden ist. Eine andere Studie, die 2016 veröffentlicht wurde, ergab, dass der Konsum von zuckerhaltigen Lebensmitteln zu einer Beeinträchtigung des Arbeitsgedächtnisses bei Erwachsenen führen kann.
Tagebuch: Eine Woche zuckerfrei

Dieser Selbstversuch soll einfach veranschaulichen wie sich die Auswahl der Lebensmittel und auch das Gemüt durch den Verzicht verändert. Jeden Tag protokolliere ich meine Lebensmittel und meine wahrgenommenen Veränderungen. Mit dem Experiment möchte ich Mut machen, es selbst einmal zu versuchen.
Nun gut, fangen wir erstmal mit der Vorbereitung an:
1. Kühlschrank und Vorratsschrank-Check: was steht hinten drauf? Ist Zucker drin? Checke alles ‼️selbst Produkte wie Konserven oder Brötchen können Zucker enthalten, der nicht natürlich ist.

Zucker

2. Was wird gekocht? Kann ich schon vorkochen?
3. Gibt es Snacks?
4. Muss noch etwas nachgekauft werden? Inventur machen

Es geht los!
1. Tag
Kränklich

Frühstück – Haferflocken-Bowl mit Nüssen, Samen, Sojajoghurt, Vitamine, Kaffee
Mittag: Nudeln mit Veganer Käsesauce, Räuchertofu
Snack: Walnüsse, Mandarine, Banane (Heißhunger)
Abendbrot: Nudeln, vegane Käsesauce mit Tofu
Allgemeines Befinden: Müdigkeit, Appetit auf Süßes, vermehrter Hunger,
2. Tag

Frühstück: Bowl aus Haferflocken, Beeren, Sojajoghurt Natur, Kerne und Saaten, Kaffee, Vitamine
Mittag: Nudel-Bowl mit Gemüse, Tofu, Bohnen und Salat
Snack: Walnüsse, 1/2 Banane (Heißhunger)
Abendbrot: restliche Nudeln mit Tofu
Befinden: Kopfdruckschmerz leicht, Appetit auf Kohlenhydrate
3. Tag
Sporteinheit

Frühstück: Bowl mit Soja-Joghurt, Beeren, Nüsse, Haferflocken, Kerne, Vitamine, Kaffee
Mittag: Salat mit Käsesauce und Gemüsestäbchen
Snack: /
Abendbrot: Walnüsse, 1 Banane, 4 vegane Nuggets
Befinden: morgens Kopfdruck, aufgebläht, abends ausgeglichene Stimmung
4. Tag

Frühstück: Bowl mit Sojajoghurt, Haferflocken, Beeren, Nüsse, Kerne, Saaten, Vitamine, Kaffee
Mittag: Reis-Bowl (Brauner Reis, restliche vegane Sauce, Salat, Bohnen, Tofu, Gemüse)
Snack: Walnüsse (Appetit auf Süßes)
Abendbrot: Summer Rolls mit Erdnusssauce
Befinden: Muskelkater, Appetit auf Süßes
5. Tag
Sporttag

Frühstück: Bowl mit Sojajoghurt, Haferflocken, Beeren, Nüsse, Kerne, Saaten, Vitamine, Kaffee
Mittag: Bowl mit braunem Reis, Soy-Joghurt-Sauce, Veggies und Tofu
Snacks: Banane (Appetit auf Kekse)
Abendbrot: Vollkorn Wrap mit Hummus, Veggies, Tofu
Befinden: Mittagstief, unruhige Nacht, produktiv
6. Tag

Frühstück: Bowl mit Sojajoghurt, Haferflocken, Beeren, Nüsse, Kerne, Saaten, Vitamine, Kaffee
Mittag: Zucchini-Suppe, Nudeln
Snack:
Befinden: ausgeglichen
7. Tag

Frühstück: Haferflocken, Kerne, Erdbeeren, Hafermilch
Mittag: Hefeklösse mit Himbeeren
Snack: Blaubeeren
Abendbrot: Vollkornbrot, Hummus, Gurke
Befinden: Appetit auf Kekse
Auswertung


Nun ist die Woche auch schon fix vorbei und ich berichte von meinen Erfahrungen. Tatsächlich befand ich mich in der letzten Zykluswoche (Lutealphase) und ich hatte mit mehr Heißhunger gerechnet. Ich musste auf meine geliebte Schokohafermilch, auf Weizentoast mit Nuss-Nougat und meine Oreos verzichten. Das war schon … doof. Mich ärgerte, dass in der Gemüsebrühe Nummer 2 Zucker drin war. Zum Glück hatte ich von der selben Marke eine ohne Zucker. Hier wurde Zucker zum Strecken genutzt. Überraschend war, dass meine veganen Nuggets und die Gemüsestäbchen ohne Zucker waren. Wenigstens etwas. Ich hatte die ersten Tage wenig Kopfweh, was aber nicht unbedingt Zuckerentzug sein musste. Ansonsten gab es beim Sport keine Einbußen und nach dem Mittag kein Tief. Die ersten zwei Tage habe ich vermehrt gesnackt und hatte Appetit auf Kohlenhydrate.

Gewichtsverlust: – 500g
Laune: Man kann es mal machen (muss man aber nicht), aber komplett verzichten macht nicht so Laune. Meine Stimmung war ausgeglichen. Ich habe aber bestimmte Lebensmittel vermisst. Es sind Lebensmittel, die ich genieße und, die irgendwie mein Leben „versüßen“. Ich bin ein Foodie und möchte nicht verzichten. Ich möchte aber mit Maß genießen.
Haut: unverändert. Ich habe nur Probleme mit Pickeln, wenn ich sehr viel nasche.
Mein Entzug war nicht so dramatisch, da ich schon lange sehr clean esse. Allerdings fehlten mir meine Kekse zum Kaffee am Nachmittag und meine Schokohafermilch. Ich erinnere mich an einen harten Entzug vor 5 Jahren mit Kopfweh, Pickeln, Gereiztheit und Heißhunger in der ersten Woche. Das hatte ich jetzt nicht. Den Großteil meiner Mahlzeiten mache ich frisch oder stelle ich selber her. Allerdings nutze ich gerne Industriezucker zum Kochen und Backen. Erythrit kristallisiert wenn es auskühlt und schafft nicht so das Backerlebnis. Ich habe in der vorherigen (2018) Zuckerchallenge mit Medjol Datteln gesüßt. Das war wunderbar. Dazu hatte ich eine Paste hergestellt, die ich im Kühlschrank aufbewahrt habe. Auch hatte ich Yaconsirup ausprobiert – dieser soll den Insulinspiegel unberührt lassen. Allerdings ist dieser wirklich teuer und hat nicht die gewünschte Süsskraft.
Letztendlich ist eine Zucker-Verzicht-Challenge wie ein isoliertes Fasten. Es wird einem die Überdosis und der Überschuss erst mit Verzicht bewusst. Dadurch kann man seinen Konsum überdenken und nach eigenem Ermessen anpassen. (Dies kann man auf das komplette Leben übertragen! Alkohol, Zigsretten, toxische Menschen …) Man entwickelt auch eine gewisse Dankbarkeit, wenn Tag x naht und man nicht mehr auf irgendetwas verzichten muss.
Zucker ist als Industriezucker nicht notwendig für uns. Es ist das einzige Lebensmittel in Deutschland, das tatsächlich tot ist, es bringt nur Kalorien und keine Nährstoffe. Es ist ein Genussmittel und sollte demnach auch so behandelt werden – selten, aber dann mit bewusstem Genuss.
Wenn du mehr dazu wissen möchtest oder generell Fragen zur Frauengesundheit hast, melde dich gerne bei mir oder buche ein 1:1 Coaching auf vonvegan.de/contact

Quellen:
- Avena, N. M., et al. “Evidence for sugar addiction: behavioral and neurochemical effects of intermittent, excessive sugar intake.” Neuroscience & Biobehavioral Reviews 32.1 (2008): 20-39.
- Fortuna, J. L. “Sweet preference, sugar addiction and the familial history of alcohol dependence: shared neural pathways and genes.” Journal of Psychoactive Drugs 44.1 (2012): 1-8.
- Ahmed, S. H., et al. “Evidence implicating the nucleus accumbens in cocaine‐ and heroin‐induced reward, reward prediction error, and incentive salience attribution: A commentary.” Psychopharmacology 191.3 (2007): 391-397.
- Gearhardt, A. N., et al. “The addiction potential of hyperpalatable foods.” Current Drug Abuse Reviews 4.3 (2011): 140-145.
- Johnson, R. J., et al. “Potential role of sugar (fructose) in the epidemic of hypertension, obesity and the metabolic syndrome, diabetes, kidney disease, and cardiovascular disease.” The American Journal of Clinical Nutrition 86.4 (2007): 899-906.
- Lustig, R. H., et al. “Public health: the toxic truth about sugar.” Nature 482.7383 (2012): 27-29.
- Malik, V. S., et al. “Sugar-sweetened beverages and risk of metabolic syndrome and type 2 diabetes: a meta-analysis.” Diabetes Care 33.11 (2010): 2477-2483.
- Yang, Q., et al. “Added sugar intake and cardiovascular diseases mortality among US adults.” JAMA Internal Medicine 174.4 (2014): 516-524.
- Te Morenga, L., et al. “Dietary sugars and body weight: systematic review and meta-analyses of randomised controlled trials and cohort studies.” BMJ 346 (2013): e7492.
- Pase et al. (2018) “Sugar-sweetened beverage intake is associated with greater impulsivity among youth with mood disorders”. Journal of Affective Disorders, 235: 227-234.
- Kanarek et al. (2016) “The effects of a high sucrose diet on the cognitive performance of rats”. Nutritional Neuroscience, 19(9): 409-416.