Vegane Kinder – ein Risiko?

Der Mensch ist ein seltsames Wesen. Es liebt Gewohnheiten, meistens die, die Sicherheit und Entspannung bieten. Weniger die, die Disziplin und Permanenz erwarten. Ist etwas abnormal der Norm tendiert der Mensch dazu Verhalten zu kritisieren, zu tabuisieren oder das alte Verhalten zu rechtfertigen. Wenn es um die vegane Ernährung geht, dann reagieren 90 Prozent der Menschen sofort ablehnend. „Oh, ist das gesund?“, „Nimmst du dadurch nicht ab!“, „Kommst du auf deine Nährstoffe?“, „Ich könnte das ja nicht, das ist mir zu radikal!“. An dieser Stelle muss ich einwerfen, das waren auch meine Worte vor 4 Jahren. „Was der Bauer nicht kennt …“ macht Angst. Manchmal konfrontiert man mit einem Verhalten auch andere Menschen mit der Wahrheit. Sie gehen sofort auf Verteidigung, da sie ihr eigenes Verhalten beschützen wollen. Ja, Psychologie, ich weiß. Letztendlich geht es auch bei der veganen Kinderernährung um nichts anderes als, dass ungeprüfte Aussagen generalisiert werden. Vegan wird immer zu Unrecht mit Mangelernährung in Verbindung gebracht. An dieser Stelle werfe ich mal ein: Ich habe einmal im Jahr einen Bluttest (Zink, Selen, Vitamin D, Eisen, B12, Jod). Ich hatte noch nie so gute Werte wie in diesen Jahren. Ich hatte immer mit Eisen- und Vitamin-D-Mangel zu tun. Und da Vegane Kinderernährung mit Mangelernährung assoziiert wird, haben Eltern immer noch die alten Muster im Kopf: Milch, Fleisch, Fisch, Eier sind wichtig für Proteine und Calcium, wegen der Knochen und Muskeln, immerhin wachsen die Kids gefühlt 3 Meter wöchentlich. Dieser Artikel klärt auf und bietet wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema, die eine geplante vegane Kinderernährung als vorteilhaft ansehen.

Wieviele Veganer es in Deutschland aktuell gibt, ist schwer zu sagen, da es dazu keine offizielle Statistik gibt. Laut Umfragen allerdings bewegt sich die Zahl bei 1,3 Millionen Deutschen, Tendenz steigend.

Was darf mein Kind denn noch essen?

Vegane Kinder verzichten auf alle Lebensmittel tierischen Ursprungs, einschließlich:

  • Fleisch
  • Fisch und Meeresfrüchte
  • Milchprodukte wie Milch, Joghurt, Käse und Butter
  • Eier
  • Honig

Stattdessen ernähren sie sich von

  • Obst
  • Gemüse
  • Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen und Kichererbsen
  • Nüsse und Samen
  • Vollkornprodukte wie Brot, Nudeln und Reis
  • Pflanzliche Milchalternativen wie Sojamilch, Hafermilch oder Mandelmilch
  • Tofu und andere Fleischersatzprodukte
  • Angereicherte Getreideprodukte wie Frühstücksflocken oder Brot

Es ist jedoch wichtig sicherzustellen, dass die Ernährung der veganen Kinder ausgewogen ist und alle notwendigen Nährstoffe in ausreichenden Mengen enthält.

Empfehlung oder Gefahr?

Die Empfehlungen zur veganen Kinderernährung können je nach Land und Gesellschaft unterschiedlich sein. In einigen Ländern, wie zum Beispiel den USA und Kanada, gibt es offizielle Ernährungsrichtlinien, die eine vegane Ernährung als gesund und angemessen für alle Lebensstadien empfehlen, einschließlich der Kindheit.

In Deutschland gibt es noch keine offiziellen Empfehlungen für eine rein vegane Ernährung bei Kindern. Allerdings hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) in ihren aktuellen Empfehlungen zur vegetarischen Ernährung betont, dass es möglich ist, auch bei einer veganen Ernährung alle Nährstoffe ausreichend zu decken, wenn die Ernährung gut geplant und ausgewogen ist.

Vor- und Nachteile der veganen Kinderernährung

Vorteile einer veganen Kinderernährung

  • Eine ausgewogene vegane Ernährung kann dazu beitragen, das Risiko von chronischen Krankheiten wie Herzkrankheiten, Krebs und Diabetes zu senken.
  • Veganismus kann Kindern helfen, ein Bewusstsein für ethische und ökologische Themen zu entwickeln.
  • Veganismus kann eine kostengünstige Alternative zu einer Ernährung sein, die auf tierischen Produkten basiert.

Nachteile einer veganen Kinderernährung

  • Eine schlecht geplante vegane Ernährung kann dazu führen, dass Kinder nicht genügend Nährstoffe aufnehmen und ein höheres Risiko für Mangelerscheinungen wie Vitamin-B12-Mangel haben.
  • Kinder können Schwierigkeiten haben, eine ausgewogene vegane Ernährung zu akzeptieren und zu bevorzugen.
  • Es kann schwierig sein, die Bedürfnisse von Kindern mit bestimmten Allergien oder Erkrankungen in einer veganen Ernährung zu erfüllen.

Eine Woche veganer Speiseplan

Eine ausgewogene vegane Ernährung für Kinder sollte alle notwendigen Nährstoffe enthalten, die für eine gesunde Entwicklung und Wachstum benötigt werden. Allerdings trifft das auch auf eine omnivore Ernährung zu.

Hier ist eine beispielhafte Woche

Montag

  • Frühstück: Haferflocken mit Sojamilch, Obst und Nüssen
  • Snack: Hummus und Gemüsesticks
  • Mittagessen: Vollkornbrot mit Avocado, Tomaten und Rucola
  • Snack: Obst und Nüsse
  • Abendessen: Gemüsecurry mit Vollkornreis und Tofu

Dienstag

  • Frühstück: Sojajoghurt mit Müsli und Beeren
  • Snack: Vollkornbrot mit Erdnussbutter und Bananen
  • Mittagessen: Linsensuppe mit Vollkornbrot
  • Snack: Obst und Nüsse
  • Abendessen: Veganes Chili mit Reis und Guacamole

Mittwoch

  • Frühstück: Vollkornpfannkuchen mit Obst und Ahornsirup
  • Snack: Hummus und Vollkorn-Cracker
  • Mittagessen: Quinoa-Salat mit Gemüse und Tofu
  • Snack: Obst und Nüsse
  • Abendessen: Gemüsepfanne mit Vollkornnudeln und Tofu

Donnerstag

  • Frühstück: Smoothie mit Bananen, Beeren, Spinat und Sojamilch
  • Snack: Vollkornbrot mit Hummus und Gurken
  • Mittagessen: Veganes Sushi mit Gemüse und Tofu
  • Snack: Obst und Nüsse
  • Abendessen: Gebackene Süßkartoffel mit Bohnen und Gemüse

Freitag

  • Frühstück: Tofu-Rührei mit Vollkornbrot und Obst
  • Snack: Sojajoghurt mit Nüssen und Beeren
  • Mittagessen: Vegane Pizza mit Gemüse und veganem Käse
  • Snack: Obst und Nüsse
  • Abendessen: Vegane Burger mit Süßkartoffelpommes

Samstag

  • Frühstück: Vollkornwaffeln mit Obst und Ahornsirup
  • Snack: Hummus und Gemüsesticks
  • Mittagessen: Vollkornbrot mit veganem Käse, Tomaten und Salat
  • Snack: Obst und Nüsse
  • Abendessen: Gemüselasagne mit Vollkornnudeln

Sonntag

  • Frühstück: French Toast mit Obst und Ahornsirup
  • Snack: Sojajoghurt mit Nüssen und Beeren
  • Mittagessen: Vegane Nudelsuppe mit Gemüse und Tofu
  • Snack: Obst und Nüsse
  • Abendessen: Gemüse-Quiche mit Vollkornmehl und Sojasahne

Dieses Beispiel zeigt, dass es möglich ist, eine vegane Ernährung zu planen, die alle notwendigen Nährstoffe enthält. Es ist wichtig, dass Kinder genügend Eiweiß, Eisen, Kalzium, Vitamin B12, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren erhalten. Lies dazu auch gerne nochmal meinen Artikel „Bekommt mein Kind genug Nährstoffe?

Was sagt die Forschung?

Eine Studie aus dem Jahr 2018, veröffentlicht im Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics, untersuchte die Ernährung von veganen Kindern im Vergleich zu nicht-veganen Kindern. Die Forscher stellten fest, dass vegane Kinder tendenziell höhere Nährstoffaufnahmen von Ballaststoffen, Vitamin C und Vitamin E aufwiesen, aber auch niedrigere Aufnahmen von Vitamin B12, Vitamin D, Calcium und Omega-3-Fettsäuren. Die Studie betont die Bedeutung einer sorgfältigen Planung einer veganen Ernährung, insbesondere im Hinblick auf die Aufnahme von kritischen Nährstoffen.

Eine weitere Studie aus dem Jahr 2020, veröffentlicht im Journal of Pediatrics, untersuchte die Wachstums- und Entwicklungsparameter von veganen Kindern im Vergleich zu nicht-veganen Kindern. Die Forscher stellten fest, dass vegan ernährte Kinder tendenziell ein geringeres Körpergewicht aufwiesen, aber keine Unterschiede in Bezug auf Größe, Körperzusammensetzung oder kognitive Entwicklung zeigten.

Ein Überblicksartikel aus dem Jahr 2018, veröffentlicht im Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics, untersuchte die Auswirkungen einer veganen Ernährung auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Die Autoren stellten fest, dass eine gut geplante vegane Ernährung das Risiko von chronischen Krankheiten wie Herzkrankheiten, Krebs und Diabetes senken kann, aber auch potenzielle Herausforderungen bei der Aufnahme von kritischen Nährstoffen wie Vitamin B12, Vitamin D, Calcium und Omega-3-Fettsäuren darstellt.

Eine Studie der Universität Jena, veröffentlicht im Jahr 2019, untersuchte die Ernährung von veganen und vegetarischen Jugendlichen im Vergleich zu nicht-veganen Jugendlichen. Die Ergebnisse zeigten, dass vegane und vegetarische Jugendliche im Allgemeinen gesündere Ernährungsgewohnheiten aufwiesen als nicht-vegane Jugendliche, aber auch ein höheres Risiko für Nährstoffmangel hatten.

Eine Studie der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, veröffentlicht im Jahr 2021, untersuchte die Ernährung von veganen Familien im Vergleich zu nicht-veganen Familien. Die Ergebnisse zeigten, dass vegane Familien im Allgemeinen gesündere Ernährungsgewohnheiten aufwiesen, aber auch ein höheres Risiko für Nährstoffmangel hatten.

Ich würde ja, aber ich weiß nicht wie …

Eltern sind immer Vorbilder für ihre Kinder. Auch später noch zerren sie von den Erfahrungen, die sie beim Essen und durch Essen erlebt haben. So kann Essen genussvoll und vielfältig sein oder eben traumatische Narben hinterlassen und zu Essstörungen führen. Prinzipiell rate ich zu einer Vielfalt an Obst und Gemüse, Nüssen, Vollkorn und Hülsenfrüchten, damit die tierischen Produkte im Hintergrund bleiben und einer entspannten Esskultur ohne Zeitdruck und Zwang. Ich finde es auch toll mal vegane Fertiggerichte (Nuggets, Früjlingsrolle, Gnocchi) auszuprobieren, wenn es mal schnell gehen soll. Aber auch Meal Prep erleichtert so einige Mühe. Ich würde die Lebensweise vorleben und das Kind entscheiden lassen. Du wirst merken, dass sie dich kopieren und häufiger das wählen, was du nimmst. Biete es an, ohne Zwang! Und wenn man bedenkt, dass du mit deinem Angebot an Lebensmitteln den Grundstein für die Ernährungsgewohnheiten und -vorlieben deines Kindes im Erwachsenenalter legst, kannst du mit der Vielfalt an veganen Rezepten aus der ganzen Welt nur gewinnen.

Wenn du eine Expertin benötigst, die dich und deine Familie dahingehend berät, melde dich gerne bei mir. Pehlkejule84@gmail.com.

Quellen

  • American Dietetic Association (now the Academy of Nutrition and Dietetics). (2009). Position of the American Dietetic Association: vegetarian diets. Journal of the American Dietetic Association, 109(7), 1266-1282. doi: 10.1016/j.jada.2009.05.027
  • Craig, W. J., & Mangels, A. R. (2009). Position of the American Dietetic Association: vegetarian diets. Journal of the American Dietetic Association, 109(7), 1266-1282. doi: 10.1016/j.jada.2009.05.027
  • Mangels, R., Messina, V., & Messina, M. (2011). The Dietitian’s Guide to Vegetarian Diets: Issues and Applications (3rd ed.). Jones and Bartlett Publishers.
  • National Health and Medical Research Council (NHMRC). (2013). Australian Dietary Guidelines. Canberra: National Health and Medical Research Council.
  • USDA. (2020). ChooseMyPlate.gov. Retrieved from https://www.choosemyplate.gov/
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). (2021). Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Retrieved from https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). (2021). Vegetarische Ernährung. Retrieved from https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/fachinformationen/vegetarische-ernaehrung/
  • Schweizerische Vereinigung für Vegetarismus (SVV). (2021). Kinderernährung. Retrieved from https://www.vegetarismus.ch/kinderernaehrung/
  • Forsa-Institut (2016). Die Veggie-Studie 2016: Eine repräsentative Bevölkerungsumfrage zum vegetarischen und veganen Lebensstil in Deutschland. Retrieved from https://vebu.de/wp-content/uploads/2016/05/Die_Veggie-Studie_2016.pdf
  • Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). (2020). Veggie-Studie 2020. Retrieved from https://www.gfk.com/fileadmin/user_upload/de/de/press/documents/200831_GfK_Veggie-Studie_2020_Endbericht.pdf
  • Mangels, A. R. (2018). Bone nutrients for vegetarians. American Journal of Clinical Nutrition, 107(2), 247-253. doi: 10.1093/ajcn/nqx068
  • Saunders, A. V., Davis, B. C., & Garg, M. L. (2019). Omega-3 polyunsaturated fatty acids and vegetarian diets. Medical Journal of Australia, 210(4), 177-182. doi: 10.5694/mja2.50016

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